12. Oktober 2015

Chinesische Legende (Hermann Hesse)

Foto: Süddeutsche Zeitung, 12.10.2015

















Von Meng Hsiä wird berichtet:

Als ihm zu Ohren kam, daß neuerdings die
jungen Künstler sich darin übten, auf dem
Kopfe zu stehen, um eine neue Weise des
Sehens zu erproben, unterzog Meng Hsiä sich
sofort ebenfalls dieser Übung, und nachdem
er es eine Weile damit probiert hatte, sagte
er zu seinen Schülern: »Neu und schöner
blickt die Welt mir ins Auge, wenn ich mich
auf den Kopf stelle.«

Dies sprach sich herum, und die Neuerer
unter den jungen Künstlern rühmten sich
dieser Bestätigung ihrer Versuche durch den
alten Meister nicht wenig.

Da dieser als recht wortkarg bekannt war und
seine Jünger mehr durch sein bloßes Dasein
und Beispiel erzog als durch Lehren, wurde
jeder seiner Aussprüche beachtet und weiter
verbreitet.

Und nun wurde, bald nachdem jene Worte die
Neuerer entzückt, viele Alte aber befremdet,
ja erzürnt hatten, schon wieder ein Ausspruch
von ihm bekannt. Er habe, so erzählte man,
sich neuestens so geäußert:

»Wie gut, daß der Mensch zwei Beine hat!
Das Stehen auf dem Kopf ist der Gesundheit
nicht zuträglich, und wenn der auf dem Kopf
Stehende sich wieder aufrichtet, dann blickt
ihm, dem auf den Füßen Stehenden, die Welt
doppelt so schön ins Auge.«

An diesen Worten des Meisters nahmen so-
wohl die jungen Kopfsteher, die sich von ihm
verraten oder verspottet fühlten, wie auch
die Mandarine großen Anstoß.

»Heute«, so sagten die Mandarine »behauptet
Meng Hsiä dies, und morgen das Gegenteil.
Es kann aber doch unmöglich zwei Wahrheiten
geben. Wer mag den unklug gewordenen
Alten da noch ernst nehmen?«

Dem Meister wurde hinterbracht, wie die
Neuerer und wie die Mandarine über ihn
redeten. Er lachte nur. Und da die Seinen
ihn um Erklärung baten, sagte er:

»Es gibt die Wirklichkeit, ihr Knaben, und an
der ist nicht zu rütteln. Wahrheiten aber,
nämlich in Worten ausgedrückte Meinungen
über das Wirkliche, gibt es unzählige, und jede
ist ebenso richtig wie sie falsch ist.«

Zu weiteren Erklärungen konnten ihn die
Schüler, so sehr sie sich bemühten, nicht
bewegen.

6. Oktober 2015

Musik

Musik gibt mir die Gewissheit, dass es etwas Besseres gibt.

Aber das Schöne ist ...

... dass sich das Falsche letztlich niemals durchsetzen wird. Insofern bin ich Optimist.

Henning Mankell

»Das Leben ist ja im Prinzip eine Tragödie und keine Komödie.«
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»Ich gerate plötzlich ins Schleudern und kann den Wagen nicht mehr kontrollieren. Er kracht frontal gegen die Leitplanke. Der Airbag füllt sich. Mir wird schwarz vor Augen, und ich verliere für ein paar Sekunden das Bewußtsein.«
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»Was mich manchmal beunruhigt, ist, dass man so lange tot sein wird. Das ist eine schreckliche Vorstellung. Was natürlich idiotisch ist, denn Zeit und Raum hören ja auf zu existieren, wenn man tot ist. Aber manchmal frage ich mich, wie ich das nur aushalten soll, eine Million Jahre tot zu sein.«