30. November 2014

Meine Bitte an die Kunstskeptiker

Ungläubiges Erstaunen erfüllt mich immer wieder, wenn ich in den sozialen Netzwerken mit Kunstskeptikern konfrontiert bin. Die Ignoranz und die Geringschätzung, Künstlern und der Kunst gegenüber, ist leider quer durch alle Gesellschafts- und Bildungs-schichten sowie weltanschaulichen Orientierungen, erstaunlich und überraschend weit verbreitet und rätselhaft. Zeitgenössischen Künstlern werden Effekthascherei, Scharlatanerie, Narrentum usw. unterstellt und die Hürden für Verständnis scheinen oft tatsächlich unüberwindlich.
Auf Nachfrage, was denn an zeitgenössischer Kunst ungenügend und unbefriedigend sei, beklagt der Eine fehlende Botschaften, Andere etwa meinen, bloßes, vordergründiges Spektakel zur rein profit-orientierten Selbstvermarktung entdeckt zu haben; es lässt sich allerdings auch leider nie in Erfahrung bringen, was genau eine solche Botschaft zu transportieren habe und was also ganz besonders dringend in der modernen Kunst vermisst werde. Schließlich gibt es neben vielen anderen Spielarten des Kunstskeptikers durchaus auch welche, die überhaupt dieses ganze Kunst- und Künstlergesindel am liebsten wegsperren würden.
Mit den Gründen dieser besorgniserregenden, intoleranten Tendenzen mögen sich Berufenere in den Bildungs-, Sozial- und Gesellschafts-wissenschaften beschäftigen. Ich habe dies jetzt allerdings zum Anlass genommen, meine künstlerischen Aktivitäten nicht mehr unter dem Titel "Kunst" und "Künstler" stattfinden zu lassen. Meine Kunst ist ab sofort als Nichtkunst (Not Art) zu verstehen, also eine Art Notkunst, gemacht von einem Nichtkünstler. Ich bitte nur um eines: Ich möchte weiterhin im Rahmen der gesetzlichen Übereinkünfte unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaftsordnung, die Freiheit in Anspruch nehmen dürfen, zu tun, was ich will, solange ich niemandem Schaden zufüge. Nur das hat für mich und für meine Existenz einen Sinn. Ich kann und will nichts Anderes. Tut mir leid.

My request to the Art Skeptics. Incredulous astonishment fills me again and again when I am faced with art skeptics in the social networks. Unfortunately the ignorance and contempt, directed at artists and modern art is amazing and surprisingly common and enigmatic across all social and educational strata and ideological orientations. Contemporary artists are insinuated grandstanding, charlatanism, foolishness, etc. and the barriers to understand mostly do seem insurmountable. On demand, what really is insufficient and unsatisfactory in the modern art, the one complained a lack of messages, the other claims to have found, superficial spectacle for purely profit-oriented self-promotion; I can, however, also unfortunately bring never find out what exactly have to carry such a message, and what shall therefore missing most urgently in modern art. Conclude, there are many other varieties of art skeptic quite some who would best be "locked away all this whole art and artists scum". With the reasons for this worrying, intolerant tendencies shall dealing the experts in the educational, socio and society sciences. However, I have now taken the opportunity not to let my art activities take place under the title "art" and "artist". My art is understood now as non-art (Not Art), done by me, a non-artist. I have only one desire: I want to feel free to continue doing so within the law and of our liberal democratic society, I will not harm anyone. Only my work has a meaning for me and for my existence. I can not and do not want anything else. I'm so sorry!

3 Kommentare:

  1. Gerade in Deutschland ist mein Eindruck, dass besonders viele Leute glauben, es gehe bei Kunst primär um ein intellektuelles Verstehen, d. h. man gehe in ein Museum, sehe sich dort ein Bild an und kann dessen Striche entschlüsseln als wären es Zeichen einer Geheimschrift. Am Schluss ergibt sich eine Botschaft, ein Sinn, was auch immer. Leute mit dieser Herangehensweise an Kunst, die natürlich erstmal legitim ist, sind dann meiner Erfahrung nach oft enttäuscht, wenn es ihnen dann eben nicht gelingt, das Kunstwerk zu entschlüsseln. Da es sich ja zumeist um gebildete Menschen handelt, schlägt diese Enttäuschung oft um in -> "Oje, ich verstehe das nicht, es kann auch nicht sein, dass es an mir liegt, ich bin sehr klug, es handelt sich vermutlich um SINNLOSE Kunst, ach was, noch nicht einmal Kunst"

    Ich schlage daher eine offenere Herangehensweise vor, dazu gehört erstmal die Kunst wahrzunehmen, sich auf sie einzulassen und sich danach fragen zu stellen wie "Hat es mir gefallen? Warum?" - "Hat es emotional in mir etwas ausgelöst? Was?" - "Hat es mich frustriert? Wenn es mich frustriert hat, bedeutet das nicht, dass es gute Kunst ist, da sie es geschafft hat, etwas in mir auszulösen?" - "Hat es mich belustigt/traurig gemacht?" - "Hat es etwas mit mir zu tun? Was?"

    Sicherlich scheinen diese Fragen erstmal banal und simpel und mancher Kunstwissenschaftler würde sich vielleicht eher für die Produktionsbedingungen des Kunstwerks, für Kontexte seiner Präsentation, für werkimmanente Eigenheiten, für den Bezug auf einen wie auch immer gearteten Kunstdiskurs usw. interessieren. Der "Laie" könnte aber vermutlich gut von dieser Herangehensweise profitieren, die ich beispielsweise in ähnlicher Form bei Kunstpädagogen gesehen habe, die Kindern Kunst nahebringen wollten, die Kinder waren am Ende oft begeistert. Vielleicht verlieren mit dem erwachsen werden manche ihre Begeisterung und Offenheit, werden verkopfter und zynischer?

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    1. Es hat bei einem Teil der notorisch missgünstigen Kunstskeptiker, nämlich sogar gerade bei denen, die in ihrer Jugend selbst entsprechende Ambitionen hatten, sicher mit einem gewissen Neid zu tun, der sich durch die Präsenz von Kunst und Künstlern im öffentlichen Leben ständig und chronisch immer wieder quälend bemerkbar macht und eine Vermeidungsstrategie initiiert, die sich dann grundsätzlich in Ablehnung, Geringschätzung und Herabwürdigung von Kunsterscheinungen äußert. Man hat sich, seiner Feigheit nachgebend, letztlich, in der Zeit der Entscheidungen der beruflichen Lebensplanung, für die materiell "sichere", aber vielleicht dann unbefriedigende und frustrierende Variante entschieden und möchte von denen, die den Mut aufgebracht haben, den steinigen Weg einer ungewissen aber seelisch befriedigenden Künstlerexistenz einzuschlagen, am liebsten gar nichts mehr hören und sehen. (Wenn ich nicht in den Himmel komme, soll wenigstens auch sonst niemand dort hinkommen.) Es entwickelt sich dann eine grundsätzlich ablehnende Haltung, die sich naserümpfend und besserwisserisch zu zeitgenössischer Kunst verhält. Dies ist naturgemäß die ungünstigste Voraussetzung für eine sich lohnende, erfolgreiche und befriedigende Kunstrezeption.

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  2. Das Mindeste was ich erwarte bei Kunstbetrachtung: Interesseloses Wohlgefallen

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