Das letzte Hochsommerwochenende irgendwann Anfang September, oft auch schon Ende August, werde ihm immer schon verleidet, weil er da schon
an die entsetzliche Kälte im Januar und Februar denken müsse, an kalte, nasse
Füße, an Schneematsch in den Straßen, an das gehässige Knirschen des Schnees,
bei jedem Schritt, an das Einsaugen des Eishauchs des Todes, bei jedem Atemzug.
Er müsse meist schon Ende August an gefrierenden Nasenrotz, an eiskalte,
gefühllose Ohren, an Socken, an Pudelmützen, an Handschuhe, an lange Mäntel,
an Halstücher und Schals, an Pullover, an beheizte Wohnungen, an Frostschutzmittel
in der Scheibenwaschanlage des Autos und diese ganze andere Warmhaltescheiße denken
und das mache ihn immer wieder, Jahr für Jahr, halb verrückt. Für die Kinder
gäbe es ja, zum Ausgleich dieses Schreckens, den Spaß des Schlittenfahrens, den
Spaß des Eislaufens, den Spaß der Schneeballschlacht und des Schneemannbauens,
den Spaß der Geschenke an Weihnachten, den Spaß der Sylvesternacht. Für ihn gäbe
es nur die Hoffnung auf den nächsten – aber
wahrscheinlich doch wieder nur lächerlich kurzen – Sommer. Er liebe die Hitze. Die Hitze, bei der andere
stöhnten und schwitzten. Ja, er liebe Hitze und hasse Socken. Die
Notwendigkeit, in diesen grauenvollen Breiten die längste Zeit des Jahres
Socken tragen zu müssen, empfinde er als unmenschliche Zumutung. Hitze, Staub,
Trockenheit, Sand, die direkte Sonneneinstrahlung, das sei sein Element. Der
sogenannte Hitzetod, so Merz, nachdem man sich in einer Wüste verirrt habe, erschrecke
ihn nicht und sei dem sogenannten Kältetod auf jeden Fall vorzuziehen, der einen ja durchaus schon Ende
Oktober ereilen könne, nach einer eigentlich harmlosen Bergwanderung, bei der
man abends erschöpft und von ungewohnt früh einsetzender Dunkelheit überrascht,
den Weg verliere und, noch nicht für den Winter gerüstet, in eine der ersten
Frostnächte gerate.
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